Historie
Im März 2013 fragte Ahmedin Idris, der Vorsitzende von Etiopia-Witten den frisch in den Ruhestand getretene Kardiologe Dr. Christian Leuner aus Bielefeld, ob er nicht für mehrere Wochen nach Äthiopien in das Ayder Universitätshospital in Mekelle fahren könne, da dort dringend ein Kardiologe für die Schulung auf dem Gebiet der Untersuchung des Herzens mit Ultraschall (Echokardiografie) gesucht werde. Dr. Leuner übernahm dies gerne und traf im Juli 2013 für einen vierwöchigen Aufenthalt im Ayder Hospital in Mekelle ein.
Im Ayder Referral Hospital, dem Klinikum der Universität Mekelle traf er drei junge Internisten (Dr. Abraha Hailu, Dr. Hagazi Tesfay und Dr. Samuel Berhane). Sie waren zu diesem Zeitpunkt bereits an einer vor Kurzem eingerichteten kardiologischen Untereinheit der Klinik für Innere Medizin tätig. Dies Abteilung ist mit modernen, vom äthiopischen Erziehungsministerium für die Universitäts-Klinik finanzierten Echo-, EKG, 24 Stunden Langzeit EKG, Blutdruck-Messgeräten und Belastungs-EKG Geräten neu ausgestattet worden. Seit etwa einem Jahr waren die Echokardiografie- und EKG Geräte bereits im täglichen Einsatz. Einer der Internisten, Dr. Abraha Hailu hatte eine Ausbildung in Echokardiografie in einer kardiologischen Privatklinik in Addis Abeba erhalten. Er hat dann 2014/15 durch einen einjährigen Aufenthalt in dem St. Camillo Hospital in Rom – Italien, das Recht erhalten, in Äthiopien die Bezeichnung eines Kardiologen zu führen.
Neben der Ergänzung der Kenntnisse in der Echokardiografie und dem Belastungs-EKG im in der alltäglichen Praxis sowie die Beratung auf der Intensivstation rundeten kardiologische Vorlesungen den geplanten Teil des ersten Besuchs ab. Im Rahmen der späteren Besuche gemeinsam mit anderen Kardiologen wird dieses intensiv fortgesetzt.
So entwickelt sich das Herzkatheterlabor
Juli-August 2013
Unerwartet war die Mitteilung der Krankenhausleitung an Dr. Leuner, dass wenige Wochen vor seinem Eintreffen im Ayder Hospital der Kauf von Geräten und Verbrauchsgütern für die Einrichtung eines schlüsselfertig zu liefernden, neuen modernen Herzkatheterlabors, dem Ersten in ganz Äthiopien, erfolgt war. Es wird durch das Erziehungsministerium des Landes und nicht durch ausländische Stellen finanziert. Zeichen einer positiven Entwicklung für die Entwicklung des Landes.
Die Erstellung des Ausschreibungstextes hierfür und die Raumplanung war von einem jungen, örtlichen Internisten ohne wirkliche Vorerfahrung auf diesem Gebiet erfolgt, der das Hospital verlassen hatte. Mit der Lieferung und Installation der aus den USA kommenden Technik sowie der Raumplanung und Einrichtung war eine äthiopische Firma aus der Hauptstadt Addis Abeba beauftragt worden, die nie vorher ein Herzkatheterlabor eingerichtet hatte.
Bedingt durch seine langjährigen Erfahrungen bei der Einrichtung und Erneuerung von Herzkatheterlaboren in Deutschland war Dr. Leuner bereit, auf Bitten der Leitung des Ayder Hospitals sie bei der Durchführung dieses Projektes zu unterstützen.
Wiederholte Besuche von Dr. Leuner in den Jahren 2013 und 2014
Da die Ausschreibung nur die minimal notwendigen technischen Geräte und einen großen Vorrat an teurem, nicht den wirklichen lokalen Gegebenheiten angepasstem Kathetermaterial enthielt, dass nur eine begrenzte Haltbarkeit hat, wurden umfangreiche Änderungen der Bestellungen notwendig. Dies gelang gut mit dem kooperativen Lieferanten des Herzkatheterlabors, der auch für die bauliche Seite zuständig war.
 |
 |
 |
| Das Lager wird zum Herzkatheterlabor | So werden die Türöffnungen erstellt | Die Decke wird installiert |
Für den Lieferanten war dieses Katheterlabor eine Art Übungsprojekt für die weiteren in Äthiopien vorgesehen Labore dieser Art.
Sommer 2015
In den nun verstrichenen 2 Jahren und vielfachen Besuchen von Dr. Leuner und anderen Kardiologen (Prof. Dr. Peter Schuster aus Siegen, Dr. Norbert Scheffold aus Memmingen, Dr. Daniel Worku aus Duisburg und Dr. Gabriele aus Gerlingen sowie Tobias Deppe als Pflegekraft aus dem Herzkatheterlabor Bielefeld) mussten zahlreiche Hindernisse baulicher und technischer Art überwunden werden. Diese waren sowohl der Unkenntnis der lokal tätigen als auch den fehlenden technischen Möglichkeiten sowie den auf dem lokalen Markt nicht verfügbaren Materialien geschuldet.
Durch umfangreiche Schulungen theoretischer und praktischer Art durch die deutschen Kardiologen wurden die äthiopischen Internisten, Schwestern und Pfleger, die im Herzkatheterlabor tätig werden sollten, auf ihre Tätigkeiten vorbereitet und in die Funktionen der Geräte eingewiesen.
November 2015
Im November 2015 konnte nach 2,5 Jahren der Vorbereitung die erste Herzkatheteruntersuchung von Dr. Abraha Hailu unter Assistenz von Dr. Leuner und Dr. Scheffold erfolgreich durchgeführt werden. Noch war die Röntgenanlage nur bedingt zu benutzten, da die bestehende Kühlanlage nicht die notwendigen Kriterien erfüllte und die Anlage wegen Überhitzung nur nach lange Abkühlung wieder einsatzbereit war.
 |
| Dr. Christian Leuner aus Bielefeld und Dr. Abraha Hailu aus Mekelle bei der Herzkatheteruntersuchung |
.
Während der Abwesenheit von Kardiologen, die von Etiopia-Witten entsandt werden, nutzen externe, westliche Kardiologen das Katheterlabor zu Schulungszwecken und der Behandlung der von ihnen ausgewählten Patienten mit eigener Mannschaft (z.B. die NGO Melena aus Italien).
Stand Herbst 2016
Die verbliebenen Probleme wie die unzureichende Klimaanlage und Belüftung der Räume und die schwierig zu beschaffenden Chemikalien für die Analyse des Sauerstoffgehaltes im Blut sehen einer Lösung entgegen, auch wenn hier immer wieder nicht erwartete und ungewöhnliche Hindernisse auftauchen können. Unter Beratung des Etiopia-Witten Unterstützer, dem Kardiologen Dr. Scheffold aus Memmingen konnten mehrere Herzkatheter durch den Ayder Kardiologen Dr. Abraha trotz der technischen Hindernisse erfolgreich durchgeführt werden. Kenntnisse über die notwendigen Vorkehrungen bei der Patientenauswahl und Techniken der Nachbehandlung nach Katheterinterventionen wurden dabei weiter vertieft .
Stand März 2017
Seit Eintreffen von Dr. Hagazi Tesfay nach seiner einjährigen Ausbildungszeit in interventioneller Kardiologie in einer großen privaten Kardiologie in Indien haben er und Dr. Abraha Hailu selbstständig gemeinsam mehr als 70 Herzkatheter durchgeführt. Die Bestellung von Verbrauchsmaterialien durch die Ärzte der Erwachsenen und auch der Kinderkardiologie, die sich aktiv mit im Katheterlabor zu beteiligen beginnt (Dr. Temesgen Tsega, Ausbildung in Indien in interventioneller Kinderkardiologie über ein Jahr) war erfolgreich durchgeführt worden.
Erneute Bemühungen um die Beschaffung der vorbeschriebenen Klimaanlage und des Gerätes zur Bestimmung der Sauerstoffsättigung des Blutes waren nicht erfolgreich. Das Mitglied von Etiopia-Witten, Dr. Leuner beschäftigte sich während seines dreiwöchigen Aufenthaltes mit der Klärung eines administrativen Ausweges für diese gravierenden Beschaffungsprobleme.
Stand Juli 2018
Nach längerer Vorplanung und Besuchen in Mekelle ist es Etiopia-Witten gelungen, einen Workshop im Herzkatheterlabor zur Einführung der Technik des katheterinterventionellen Verschlusses von angeborenen Fehlbildungen durchzuführen. Als Einstiegt hierfür wurde der Verschluss eines offen gebliebenen Verbindungsgefäßes zwischen der Hauptschlagader und der Lungenschlagader gewählt. Der Workshop wurde von dem Kinderkardiologen Prof. Nikolaus Haas von der Universitätsklinik München initiiert, geplant und im Juli durchgeführt. Er war ein großer Erfolg.
Wegen der seit Jahren unverändert großen Kooperationsbereitschaft und dem Interesse sich für Neuerungen zu öffnen aufseiten der jungen Ärzte und Schwestern im Ayder Hospital ist es erst möglich, diese für das Land hoch komplizierte und erste moderne Einrichtung eines Herzkatheterlabors zum Erfolg zu führen.
Stand November 2018
Die Kardiologen im Ayder Hospital haben weiter zahlreiche Behandlungen von akuten Herzinfarktpatienten im Katheterlabor erfolgreich durchgeführt. Fehlern Nachschub an Kathetermaterialen führt zunehmend zu Problemen, was sich wegen komplizierter und langwieriger administrativer Prozesse nicht einfach lösen lässt.
Der Zweite über Etiopia-Witten organisierte Kinder-kardiologische Workshop mit Prof. Haas aus München zum Thema interventionelle Behandlung von angeborenen Herzfehlern wurde erfolgreich an drei Tagen durchgeführt. Als neues Thema wurde die Ballondehnung der verengten Klappe zur Lungenschlagader (Pulmonalklappe) eingeführt. Der Verschluss der nach der Geburt fehlerhaft offen gebliebenen Verbindung zwischen Lungen- und Körperschlagader (Ductus arrtiosus botalli) wurde wiederholt.
Stand Dezember 2019
Der dritte Workshop im Ayder Herzkatheterlabor fand in der Zeit vom 16. bis 20. Dezember 2019 statt. Er war vom Kinderkardiologen Prof. Nikolaus Haas aus der Universität München organisiert und durchgeführt worden. Im Vordergrund stand die Aufdehnung von angeborenen Verengungen der Herzklappe (Pulmonalklappe) durch die das Blut aus der rechten Herzkammer in die Lungenschlagader gepumpt wird. Das Ziel ist die Fortsetzung der Schulung der örtlichen Kinder- und Erwachsenenkardiologen auf diesem Gebiet so weit, dass sie eigenständig die Aufdehnungen der engen Herzklappen durchführen können. Dieses Mal standen mehrere 3-D Herzmodelle aus Silikon zum Training zur Verfügung. Sie sind an der Universität München mit einem D-Drucker hergestellt worden.
Nachtrag
Besonders schön ist es für uns, während unserer Aufenthalte täglich die große Dankbarkeit aller für unser Engagement zu spüren, die manchmal etwas für uns etwas ungewohnte Formen annehmen kann.
